Lustvolle Selbstdemontage stand im Zentrum des Stücks „Wir finden, Sie sollen Bescheid wissen“, das am Donnerstag im Theater im G-Werk Premiere feierte.
Das Publikum sieht sich Theaterspielern gegenüber, die scheinbar erst im Moment entscheiden, was sie ihrem Publikum überhaupt darbieten wollen.
Aber natürlich ist alles, was da auf der Bühne geschieht, über Monate erarbeitet und erprobt, und zwar von Silvia Pahl und Klaus Wilmanns vom Theater drei hasen oben und Johannnes Schleker und Silvie Marks, zwei jungen Theatermachern aus Hildesheim. Unter der Regie des Marburgers Rolf Michenfelder von german stage service haben sie sich mit der Positionierung des Menschen in einer an Möglichkeiten überreichen Welt auf assoziative Weise befasst und sind dabei vor allem bei ihrer eigenen Positionierung als Künstler gelandet. Herausgekommen ist ein über weite Strecken sehr unterhaltsamer Abend, bei dem die vier mit viel Selbstironie die verzweifelte Suche des Theatermachers nach dem Sinn seines Tuns und seinem Zugang zum Publikum illustrieren.
Etwas ganz anderes als das Erwartete wollten sie heute einmal darbieten, erklären sie ihren Zuschauern, und das tun sie dann auch. Sie malträtieren als Punkband die Gehörgänge, bis der Techniker ihnen den Saft abdreht, entwerfen grandiose und gänzlich unrealistische Visionen vom ultimativen Theaterabend, debattieren verquaste Theorien dazu, was der Zuschauer eigentlich will und was er kriegen soll.
All dies Suchen und Tasten, Frotzeln und Nachdenken gibt tatsächlich einen ganz eigenen und durchaus nicht bloß selbstreferentiellen Theaterabend, bei dem die Frage nach dem Sinn des eigenen Tuns sich dem Zuschauer aufdrängt. Wie würde es sich anfühlen, etwas zu tun, was wirklich Bedeutung hat, wie findet man Individualität in einer Welt, in der alles schon einmal da war, welchen Weg möchte man gehen – die Schauspieler gaben keine Antworten, aber viele kleine Anstöße.
Und wem das zu abstrakt ist, der kann sich am wunderbaren Spiel der Darsteller und vielen originellen Regie-Ideen erfreuen. Immerhin wird ganz am Schluss sogar noch die Welt im Kampf gegen einen Gummibärchen-Godzilla gerettet – wenn das nichts ist!
„Wir finden, Sie sollen Bescheid wissen“ ist am Samstag, 6. Oktober, sowie vom 11. bis 13. Oktober, jeweils ab 20 Uhr im Theater im G-Werk. zu sehen
von Heike Döhn
Marburg
„Wir werden da sein“, versprechen die Theatermacher. „Wir werden es gut machen. Wir werden Musik machen. Völlig unperfekt. Es wird ein großartiger Abend werden“, versprechen Rolf Michenfelder und die vier Darsteller bedeckt von „Wir finden, Sie sollen Bescheid wissen“. Ihr Stück hat am Donnerstag, 4. Oktober, um 20 Uhr Premiere.
Worüber sollen wir Bescheid wissen? Über die Welt und alles, was sie zusammenhält? Das hätte schon etwas Faustisches. Über das Glück und die Widrigkeiten des Lebens? Über das Theater. Und über Schauspieler. Und über das Publikum. Viel mehr wird nicht verraten. Nur noch so viel: „Der Traum eines ordentlichen Theaterabends wird sich nicht erfüllen“, sagt Regisseur Michenfelder.
Es ist ein ungewöhnliches Team, das sich für die Theaterproduktion zusammengefunden hat: Silvia Pahl und Klaus Wilmans sind zwei alte „Theaterhasen“ vom „theater 3 hasen oben“ aus dem Dörfchen Immichenhein in der Schwalm. 80 Prozent ihrer Produktionen richten sich nach Auskunft von Silvia Pahl an Kinder, der Rest an den Abendspielplan. Bei einem Theaterfestival haben die beiden Silvie Marks und Johannes Schleker, junge Absolventen des Hildesheimer Instituts Kulturwissenschaft und ästhetische Praxis kennengelernt und beschlossen: Wir machen etwas gemeinsam.
Seit über zwei Jahren arbeiten sie an dem Projekt der theatralen Welterklärung. Ausgangspunkt war – zumindest teilweise – die Kindertheaterproduktion „Schritt für Schritt“ für Zweijährige. „Bei diesem Alter geht es in erster Linie darum: Wie stehen wir in der Welt?“, erklärt Pahl. Für diese Altersgruppe steht körperbetontes Spiel im Mittelpunkt. Bei der Produktion seien jedoch so viele philosophische und gesellschaftspolitische Themen angerissen worden, dass die Frage nach dem „Wie stehen wir in der Welt?“ auch für eine Erwachsenenproduktion naheliegend gewesen sei.
Mit dem Marburger Regisseur Rolf Michenfelder gewann das Quartett einen Regisseur, der „das Nebulöse auf den Punkt“ brachte und der die Ideen und Assoziationen in eine Bühnenform goss.
„Wir finden, Sie sollen Bescheid wissen“ hat am Donnerstag, 4. Oktober, um 20 Uhr im Theater im g-Werk Premiere. Weitere Aufführungen sind am 5., 6., 11., 12. und 13. Oktober. Reservierungen unter: 06421/ 62582 oder kontakt@germanstageservice.de.
von Uwe Badouin